Mittel- und langfristige Verlagerungspotenziale auf den Schienenpersonennahverkehr

Aufgabe

Das Energiekonzept der Bundesregierung sieht u.a. vor, den Endenergieverbrauch bis zum Jahr 2020 um 10% bzw. bis 2050 um 40% zu reduzieren (Basisjahr ist jeweils 2004). Hierzu soll auch der Bereich „Verkehr“ seinen Beitrag leisten. Vor diesem Hintergrund sollen die mittelfristigen (2020) und die langfristigen (2050) Nachfragepotentiale des schienengebundenen ÖPNV in Deutschland quantifiziert werden. Aus dem Vergleich mit den gegenwärtigen (2004) Nachfragewerten lassen sich die durch angebots- und nachfrageseitige Maßnahmen erreichbaren Nachfrageveränderungen und die möglichen Reduzierungen der emittierten Treibhausgase sowie des Endenergieverbrauchs ableiten. Weiterhin sollen die maßnahmenbedingten Investitionskosten in die Schieneninfrastruktur (z.B. Ausbau, Neubau, Reaktivierung) überschläglich ermittelt werden. Die erreichbaren Verlagerungspotenziale sollen gestützt auf vier Referenzräume ermittelt und anschließend auf Gesamtdeutschland hochgerechnet werden.

Untersuchungsergebnisse

Die wesentlichen Erkenntnisse der vorliegenden Untersuchung lassen sich wie folgt zusammenfassen:  

  • Der öffentliche Personennahverkehr wird aufgrund demografischer Faktoren (u.a. zurückgehende Schülerzahlen, zunehmende Anzahl alter Menschen, steigende Pkw-Verfügbarkeit insbesondere bei alten Menschen) und weiter steigender Motorisierung mittel- und langfristig Marktanteile verlieren. Bis 2050 muss mit einem Nachfragerückgang im ÖPNV von etwa 15% bis 20% im Vergleich zum Basisjahr 2004 gerechnet werden.  
  • Durch angebots- und nachfrageseitige Maßnahmen (u.a. Neu-/Ausbau der Schieneninfrastruktur, Beschleunigung und Taktverdichtung im schienengebundenen ÖV sowie durch höhere Parkgebühren, City-Maut oder Tempo 30 auf Hauptverkehrsstraßen in den Innenstädten) ist es möglich, die ÖV-Nachfrage bis zum Jahr 2050 deutschlandweit um bis zu 16% gegenüber dem Ohne-Fall (ohne angebots- und nachfrageseitige Maßnahmen) zu erhöhen. Werden als Bezugsgröße nur städtische Räume mit mehr als 100.000 Einwohnern sowie deren Umland betrachtet, beträgt die gewinnbare ÖV-Nachfrage im Vergleich zum Ohne-Fall rund 28%.  
  • Werden ausschließlich angebotsseitige Maßnahmen im schienengebundenen ÖPNV realisiert (u.a. Neu-/Ausbau der Schieneninfrastruktur, Beschleunigung und Taktverdichtung), halbiert sich das erreichbare Verlagerungspotential in etwa.

Weitere Nachfragepotentiale im ÖPNV lassen sich durch Maßnahmen in den Bereichen Tarif und Vertrieb, Information und Marketing sowie Produktentwicklung und Design erreichen. Darüber hinaus kann eine Optimierung des Busverkehrs weitere Verlagerungen bewirken. Eine Quantifizierung dieser Effekte ist jedoch nicht Bestandteil der vorliegenden Untersuchung.

Unter der Annahme, dass beim motorisierten Individualverkehr keine technologischen Weiterentwicklungen gegenüber dem Zustand des Jahres 2004 eintreten, bewirken die Verlagerungspotentiale des schienengebundenen ÖPNV, dass bis zum Jahr 2050

  • der jährliche Endenergieverbrauch um bis zu 1,1 Mio. t (entsprechend 47,6 PJ),
  • die jährlichen CO2-Emissionen um bis zu 3,4 Mio. t zurückgehen.  

Um diese Einsparungen zu erreichen, sind im Zeitraum 2004 – 2050 Investitionen in den Aus- und Neubau der Schieneninfrastruktur im ÖPNV von insgesamt rund 43 Mrd. € (inkl. der zwischenzeitlich bereits erfolgten Investitionen, Preisstand 2004) notwendig. Das entspricht einem durchschnittlichen jährlichen Investitionsbedarf in Höhe von etwa 1,0 Mrd. € (Preisstand 2004).

Die im Maßnahmenfall deutschlandweit zu erwartende Entwicklung von Kraftstoffverbrauch bzw. der CO2-Emissionen zeigt das nebenstehende Bild.

5. Juni 2013

 

Ansprechpartner bei IVV

Verlagerungspotenziale-gr.png

Maßnahmenbedingte relative Entwicklung von Kraftstoffverbrauch bzw. CO2-Emissionen in Deutschland (Bezug: „ohne Maßnahmen“ = 100%)