Weltjugendtag 2005

XX. Weltjugendtag 2005 in Köln

Auf Einladung des Papstes fand vom 16. bis 21. August 2005 im Erzbistum Köln der XX. Weltjugendtag statt. Rund 400.000 Jugendliche aus der ganzen Welt hatten sich als "registrierte Pilger" angemeldet. Zusätzlich nahm an den verschiedenen Veranstaltungen im Erzbistum eine große Anzahl von Tagesbesuchern teil. Höhepunkte des Weltjugendtages waren die Willkommenfeier für den Papst am Donnerstag in Köln (rund 600.000 Teilnehmer) und die Abschlussveranstaltung am Wochenende auf dem Marienfeld bei Kerpen/Frechen mit ca. 1 Million Teilnehmern.

Vom Mobilitätskonzept zur Ausführungsplanung

Vom Veranstalter – der Weltjugendtag gGmbH (WJT) – wurde die Ingenieurgruppe IVV im Dezember 2003 beauftragt, ein umfassendes Mobilitätskonzept für den Zeitraum vom 15.08.2005 (Anreise der Pilger) bis zum 21.08.2005 (Abreise der Pilger) zu erarbeiten. Neben den Pilgerströmen, die die Hauptlast darstellen, waren dabei auch Sonderverkehre – Rettungsdienste, Serviceverkehre (z. B. Ver- und Entsorgung) etc. – mit ihren speziellen Anforderungen an die Verkehrserschließung zu berücksichtigen. Außerdem musste die Abwicklung des "Normalverkehrs" gewährleistet werden. Es galt, die erforderlichen Transportvolumina zu ermitteln, mit den vorhandenen Transportkapazitäten abzugleichen sowie in den Fällen auftretender Kapazitätsmängel Maßnahmen zur Engpassbeseitigung zu erarbeiten. Die hierfür erforderlichen (temporären) Maßnahmen aus den Bereichen Infrastruktur, Verkehrstechnik, Organisation und Information wurden aufgezeigt und mit Kostenschätzungen belegt.

Für einen großen Teil der vorgeschlagenen Maßnahmen wurde IVV im Rahmen der Umsetzungsphase vom WJT mit der weitergehenden Planung und Realisierung beauftragt. Die nachfolgende Aufstellung gibt einen Einblick in die verschiedenen Aufgabenbereiche:

Verkehrsnachfrage und -aufteilung:

Um die notwendigen Maßnahmen ausreichend dimensionieren zu können, war es notwendig die Belastung der einzelnen Verkehrsträger im Voraus abzuschätzen. Dabei war nicht nur die Nachfrage der veranstaltungsbezogenen Verkehre zu bestimmen, sondern auch die allgemeine Verkehrsnachfrage zu betrachten, da auch der Erhalt der Mobilität der Bevölkerung und der Betriebe gewährleistet sein musste. Eine besondere Herausforderung war die Prognose des Verkehrsbildes für das Wochenende mit der Abschlussveranstaltung. Auf dieser Basis wurden die Maßnahmen zur Abwicklung der Verkehrsmengen in der Veranstaltungswoche entwickelt.

Konzeption der ÖV-Erschließung:

Im Interesse einer möglichst reibungslosen und verträglichen Verkehrsabwicklung musste die Leistungsfähigkeit des öffentlichen Verkehrs (einschließlich Eisenbahnverkehr) gesteigert werden. Dabei kam dem SPNV die Rückgratfunktion zu. Seine Transportkapazität konnte durch den Einsatz größerer Transportgefäße, eine erweiterte Behängung der fahrplanmäßigen Züge, eine maximale Fahrplanverdichtung sowie zahlreiche Sonder- und Entlastungszüge erheblich ausgeweitet werden. Um die Streckenkapazität maximal auszunutzen und die Fahrgastabwicklung zu beschleunigen, wurde am Bahnhof Horrem eigens ein 400 m langer Behelfsbahnsteig errichtet. Die vom Veranstaltungsgelände fußläufig erreichbaren Stadtbahnlinien verkehrten im 5-min.-Takt. Zu weiter entfernt liegenden Stadtbahnhaltestellen wurde ein Pendelbusverkehr eingerichtet, um auf diese Weise die verfügbaren Transportkapazitäten im gesamten Kölner Westen und Süden bestmöglich zu nutzen. Am Tag der Abschlussveranstaltung waren allein zu den nahe gelegenen Haltestellen und Bahnhöfen mehr als 300 Pendelbusse im Einsatz.

Konzeption der Fahrgastabwicklung am Bahnhof Horrem:

Um die geordnete und reibungslose Abreise der Pilger nach der Abschlussveranstaltung auf dem Marienfeld zu gewährleisten, ist ein differenziertes Aufstell- und Abfertigungskonzept für den am stärksten belasteten Bahnhof – Bf Horrem' – entwickelt worden. Die Idee hierbei war, eine frühzeitige Vorsortierung der Pilgerströme auf die einzelnen Züge bzw. Fahrtziele zu erreichen, den Zugang zu den vorgebuchten (Sonder-) Zügen zu erleichtern und die Fahrausweise wirksam zu kontrollieren. Die zugscharfe Aufteilung bot zudem den Vorteil, dass sich nur so viele Pilger in der jeweiligen Aufstellfläche befanden, wie mit dem nächsten Zug abgefahren werden konnten. Ein "Überlaufen" der Bahnsteige wurde dadurch vermieden. Das Aufstellungs- und Abfertigungskonzept wurde durch eine entsprechende Beschilderung unterstützt.

Planung von Fuß- und Radwegen:

Wegen der weiträumigen Absperrungen war das Veranstaltungsgelände Marienfeld nur mit dem Fahrrad oder zu Fuß von Pendelbusbahnhöfen, DB-Bahnhöfen, Haltestellen, Busparkplätzen oder den Nachbargemeinden erreichbar. Hierzu waren geeignete Routen zu identifizieren, zu dimensionieren (teilweise temporärer Ausbau auf bis zu 20 m Breite) und in einer Länge von insgesamt 140 km mit einer wegweisenden Beschilderung zu versehen.

Parken für Reisebusse und Pkw:

Es wurden geeignete Stellplatzanlagen für rund 8.000 Reisebusse und ca. 50.000 Pkw Parken auf der BAB bereitgestellt. Dazu wurden von IVV eine Vielzahl von Flächen und Straßen auf Ihre Eignung untersucht. Für die Anlagen wurden Aufstellkonzepte erarbeitet und die entsprechenden Anträge auf

Sondernutzung vorbereitet. Unter anderem sind Firmengelände und Brachflächen sowie Straßen als Parkplätze eingerichtet worden. So wurde auch die Autobahn A1 zwischen dem Dreieck Erfttal und dem Autobahnkreuz Köln-West auf einer Länge von ca. 14 km gesperrt und als Parkplatz für bis zu 1.800 Reisebusse genutzt. Zur Ordnung des Reisebusparkens und um den Pilgern das Auffinden ihres Busses auf dem entsprechenden Parkplatz zu erleichtern wurde ein Reservierungssystem für Reisebusparkplätze entwickelt.  

Sperrungen und Umleitungen:

Für die Vielzahl der Veranstaltungen waren kleinere und größere Sperrmaßnahmen erforderlich. IVV hat für die Höhepunkte des Weltjugendtages, die Willkommensfeier für den Papst in Köln sowie für die Abschlussveranstaltung im Rhein-Erft-Kreis das Sperrkonzept entwickelt und mit den entsprechenden Behörden abgestimmt.

Insbesondere für die Abschlussveranstaltung war aufgrund der Dauer der Veranstaltung und dem großen abgesperrten Bereich eine umfangreiche Umleitungsbeschilderung sowohl für den regionalen Bereich als auch großräumig auf den umliegenden Autobahnen erforderlich. Die ersten Schilder wurden schon in einem Umkreis von 90 km an wichtigen Autobahnkreuzen aufgestellt. IVV hat das Beschilderungssystem bis zur Ausführungsplanung bearbeitet und auch bei der Kontrolle der Ausführung mitgewirkt.

Verkehrsinformationen:

Zur Information der Pilger, Transporteure, Ver- und Entsorger, Rettungswesen, Presse, usw., aber auch für die "Normalbevölkerung" (für die Umfahrung und Meidung der Großveranstaltungen) wurde von IVV ein Informationskonzept aufgestellt und u.a. als Internetangebot umgesetzt. Es umfasst Beschilderungen, Kartendarstellungen (Druck, Internetdownload, interaktive Internetkarten), Fahrplanauskunft, Parkreservierungs- und Informationssystem für Reisebusse sowie die Konzeption einer kooperativen Leitzentrale.

Planungen für das Marienfeld:

Den Höhepunkt und Abschluss des Welttreffens bildete am 20. und 21. August der festliche Gottesdienst mit dem Papst. An dieser Abschlussfeier, die auf dem Marienfeld im Rhein-Erftkreis stattfand, nahmen über 1 Millionen Pilger teil. Rund 700.000 Pilger trafen schon am 20. August auf dem Festgelände ein, um eine Vigil mit dem Heiligen Vater abzuhalten und anschließend die Nacht dort zu verbringen. Um eine dem Anlass entsprechende Atmosphäre und eine den hohen Besucherzahlen Rechnung tragende logistische Abwicklung gewährleisten zu können, musste das Veranstaltungsgelände entsprechend hergerichtet werden, wofür umfangreiche bauliche Maßnahmen notwendig waren. Neben der Gestaltung des Geländes sowie der technischen Einrichtungen sind dabei insbesondere auch die Verkehrsfunktionen von besonderer Wichtigkeit. Die folgende Auflistung gibt einen Überblick, welche Leistungen von der IVV erbracht wurden:

  • Festlegung des Erschließungssystems: Entwicklung eines Erschließungssystems für Kfz (Ver-/Entsorgung, Rettungsdienst etc.) als Schleifensystem mit Ausweichrouten. Definition der Pilgerwege sowie Konzeption und Planung der wegweisenden Beschilderung.
  • Gestaltung und Dimensionierung der Verkehrswege: Zu nennen sind hier z.B. Fahrstraßen, Fußwege, Knotenpunkte, Schnittstellen zur äußeren Erschließung.
  • Verkehrliche Ausgestaltung der Infrastruktureinheiten: Sicherstellung der An- und Befahrbarkeit zur Ver- und Entsorgung bzw. durch Rettungsdienste etc. Überprüfung der fahrgeometrischen Eignung mit dynamischen Schleppkurvenuntersuchungen (z.B. für die Toilettenreinigung). Vorgabe von Zeitfenstern für die Sinnvolle Abwicklung von Ver- und Entsorgungsverkehren.
  • Festlegung und Dimensionierung der benötigten Flächen (Lage, Größe und Form): VIP-Vorfahrt und Fahrdienste, Flächen für Busse im Nahbereich der Bühne, Parkmöglichkeiten für Behinderte bzw. deren Fahrdienste, Flächen für Übertragungswagen, Flächen als Vorhalteplätze für Rettung, Catering, Wasser, Abwasser, Müllfahrzeuge, Diesel- und Wassertankwagen.
  • Planung der Blockbeschilderung auf dem Gelände: Die Aufstell- und Lagerflächen der Besucher wurden mit einer individuellen Beschilderung gekennzeichnet, in die auch die Wegweisung zu Toiletten, Wasserstellen, Infopoints, Ausgängen etc. integriert war.

Mitwirkung in der Organisation während der Veranstaltungswoche

Da die am Projekt beteiligten Mitarbeiter von IVV durch die monatelangen Planungs-, Beratungs- und Entwicklungsarbeiten mit besonderen Detailkenntnissen ausgestattet waren, wurden Sie in der gesamten Veranstaltungswoche beratend und organisierend in der zentralen Veranstaltungsleitung in Köln, im Einsatzabschnitt Verkehr der Polizei und in der Veranstaltungsorganisation auf dem Marienfeld eingesetzt.

Fazit

Die Planung und Organisation der verkehrlichen Abwicklung einer Großveranstaltung mit bis zu 1 Mio. Teilnehmer pro Tag war eine wohl einmalige, interessante und spannende Herausforderung für die Ingenieure der IVV. Nach fast zwei Jahren intensiver Planung und Abstimmung konnte mit Zufriedenheit festgestellt werden, dass die geplanten Maßnahmen mit dafür gesorgt haben, dass der Weltjugendtag effizient und harmonisch abgelaufen ist.

4. November 2005

 

Ansprechpartner bei IVV

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Foto Quelle: IVV

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